CLAP.

 

Kollektive Feedbackschleife und frühe Meinungsforschung, antikes Mittel psychologischer Kriegsführung,
rituelle Ekstase und höfliche Konvention. Ein Rauschen, Donnerschlag, anstachelnder Lärm,
unendlicher Spaß und finales Urteil. Applaus!
Was normalerweise als Konvention oder Ritual das theatrale Ereignis rahmt, wird hier zum szenischen Mittelpunkt. Was bedeutet diese singuläre Geste kollektiver Affirmation?
Welche Prozesse sind am Werk, wenn man gemeinsam JA sagt? Benötigt die autopoietische Kraft einer Gruppe tatsächlich ein konkretes Objekt der Bewertung oder erzeugt sie dieses selbst im Rausch der Euphorie?
Gemeinsam mit einem temporären “Chor” freiwilliger Claqueure installiert OBJECTIVE SPECTACLE
den Theaterraum als Applausmaschine und performativen, humorvoll – monströsen Dosenapplaus.
CREDITS 
PERFORMANCE Victor Lénoble
und ein ortspezifisch ausgewählter Chor interessierter Bürger*innen jeden Alters und Hintergrunds
REGIE Christoph Wirth
RAUM/LICHT Clementine Pohl
SOUND Bryan Eubanks /Xavier Lopez
Eine Produktion von Pohl & Wirth Gbr
IN KOPRODUKTION MIT DEN TREIBSTOFF THEATERTAGEN 2015, PACT ZOLLVEREIN ESSEN UND L’OUTIL, IN KOOPERATION MIT DEM BALLHAUS OST, MIT UNTERSTÜTZUNG DURCH PREMIO 2015, MIGROS KULTURPROZENT UND DIE ERNST GÖHNER STIFTUNG,
WEITERENTWICKLUNG DES PROJEKTS 2016 IN BERLIN GEFÖRDERT DURCH DEN REGIERENDEN BÜRGERMEISTER VON BERLIN – SENATSKANZLEI – KULTURELLE ANGELEGENHEITEN
Tour: TEATER NORDKRAFT Aalborg, THEATRE DIJON BOURGOGNE (FR),
ROXY BIRSFELDEN (CH), ARSENIC LAUSANNE (CH), LA MANUFACTURE ATLANTIQE BORDEAUX (FR), RINGLOKSCHUPPEN MÜLHEIM (DE), LA FAIENCERIE THEATRE CREIL (FR),
CARREAU DU TEMPLE PARIS (FR), BALLHAUS OST BERLIN(DE), TLH SIERRE (CH), HAUS DER BERLINER FESTSPIELE Martin- Gropius- Bau(DE)
PRESSE
Theater der Zeit, Magazin, November 2015, Andreas Tobler
„(…) Mit „CLAP.“ von OBJECTIVE SPECTACLE hingegen entstand die reifste Arbeit des Festivals ausgerechnet in der Beschäftigung mit der herkömmlichen Theatersituation: In dieser Produktion wurde man als Besucher mit einem Chor Basler Bürger konfrontiert, der unter Anleitung eines Dirigenten klatschte. So weit, so schlicht, möchte man meinen. Aber „CLAP.“ gelang es tatsächlich, die Musikalität, ja, gar eine Soziologie des Applauses erlebbar zu machen. Nicht zuletzt, als während der besuchten Vorstellung beim Schlusscrescendo Performer und einige Zuschauer sich in
frenetischen Standing Ovations gegenüberstanden. (…)“
TRAILER.Bühne.RUHR 03/16 Clap your hands in Mülheim – Wofür applaudieren wir?, Lisa Kerlin
Bei „CLAP“ am 4.3. klatschte sich der Ringlokschuppen Mülheim in Ekstase. Beim Betreten und Besetzen der Tribüne der Bühne 3 des Ringlokschuppens sieht sich das Publikum der eigenen Situation gegenüber: Eine (…) Tribüne, darauffünfzehn Menschen – zum Teil plaudernd, zum Teil schon in kerzengerader Anspannung und alle auf ihre Art theaterfein gemacht. Dann wird es auf beiden Seiten dunkel. (…) Leise und verhalten beginnen die Darstellenden auf der Tribüne zu applaudieren. Leise und lange. So lange, dass genug Zeit ist, sich auf die Geräusche einzulassen, die ASMR Gehirn-Massagen gleichen: Mal erinnern sie an trommelnde Regentropfen, mal an ein Schmatzen, mal an Hufgetrappel. Als das Licht plötzlich angeht, (…) bekommen die Geräusche Gesichter. Erstaunlich, wie viele Arten des Klatschens es gibt. Fast ist es seltsam, dass es für diese Kulturtechnik, die individuell so unterschiedlich aussieht, nur
ein Wort gibt. (…)
Das Besondere: „CLAP“ wird für jeden Ort neu entwickelt, der Chor neu zusammengesetzt aus
Menschen vor Ort, nicht mit professionellen SchauspielerInnen, sondern mit interessierten und begeisterten Laien.
(…) Spannend wird es, wenn sich ein gemeinsamer Chor aus Publikum und AkteurInnen ergibt.
Applaudieren Sie für Meinungsfreiheit? Geschlossene Grenzen? Donald Trump?
Der einen oder der anderen ist es gewiss passiert, dass sie sich von dem Jubel des Chors haben mitreissen lassen und versehentlich z.B. für geschlossene Grenzen klatschten.
An dieser Stelle liegt das politische Potential des Abends, in Zeiten, in denen Hetze und Populismus täglich mehr Fans gewinnen. Wofür applaudieren wir? Und reicht es, die Hände in den Schoß zu legen, um Ablehnung auszudrücken?